Der Widerruf eines Kreditvertrags mit der Mercedes Benz Bank ist auch Jahre nach Vertragsschluss noch wirksam erfolgt. Das hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 9. Juni 2022 entschieden (Az.: 46 O 279/21). Da die Bank nur unzureichende Angaben zum Verzugszins gemacht habe, sei die Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt worden und der Widerruf noch Jahre nach Abschluss des Kreditvertrags möglich gewesen, so das Gericht.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteilen vom 9. September 2021 festgestellt, dass Banken häufig nur unzureichende Pflichtangaben machen (Az.: C-33/20, C-155/20, C-187/20). Folge ist, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Der EuGH bemängelte u.a., dass die Angaben der Banken zur Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder zum Verzugszins oft nicht ausreichen.
Dieser Rechtsprechung des EuGH folgte nun auch das LG Stuttgart. Der Kläger hatte 2017 zur Finanzierung eines Autokaufs einen Kreditvertrag mit der Mercedes Benz Bank abgeschlossen und rund vier Jahre später den Widerruf erklärt. Er argumentierte, dass die Bank die Pflichtangaben nicht ordnungsgemäß erteilt habe, insbesondere seien die Angaben zum Verzugszins unzureichend. Daher könne er den Darlehensvertrag noch widerrufen.
Das LG Stuttgart folgte der Argumentation. Die Bank habe zum Verzugszins nur angegeben, dass er für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegt. Dies sei nicht ausreichend, denn nach der Rechtsprechung des EuGH müsse der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Verzugszins mit einem konkreten Prozentsatz angegeben werden. Ebenso müsse auch der Mechanismus zur Anpassung des Verzugszinsen beschrieben werden. Diese Anforderungen habe die Mercedes Bank nicht erfüllt, so das Gericht. Die Widerrufsfrist sei daher nicht angelaufen und der Widerruf wirksam erfolgt.
Häufig liegt bei einem Autokredit ein sog. verbundenes Geschäft vor. Das führt dazu, dass nach einem erfolgreichen Widerruf sowohl der Kreditvertrag als auch der Kaufvertrag rückabgewickelt wird. Der Verbraucher gibt dann das Auto an die Bank und erhält seine geleisteten Zahlungen inklusive Anzahlung zurück. Für die gefahrenen Kilometer muss er sich ggf. eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
„Auch wenn eine Nutzungsentschädigung angerechnet wird, ist der Widerruf in vielen Fällen deutlich lukrativer als der Weiterverkauf des Autos. Zudem ist er auch gerade in Zeiten des Abgasskandals eine interessante Option“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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